

Wenn Kameras zu unseren neuen Speeren werden
Seit Anbeginn unserer Geschichte tragen wir Menschen die Jagd in uns. In Afrika, dem Ursprung unserer Art, waren wir Jäger und Sammler, die dem Wild folgten, um zu überleben. Die Jagd war Nahrung, Notwendigkeit und Schicksal zugleich – ein stetiger Tanz zwischen Gefahr und Hoffnung.
Heute, in einer Welt voller Komfort, muss die Mehrheit der Menschheit nicht mehr mit Speeren durch die Wildnis streifen, um satt zu werden. Doch die innere Spannung, der uralten Ruf der Jagd, ist geblieben. Er hat nur seine Form verändert.
Für uns Fotografen hat sich die Jagd verwandelt – von der Suche nach Fleisch zur Suche nach Momentaufnahmen. Wir jagen keine Körper mehr, sondern Augenblicke. Keine Trophäen aus Horn und Fell, sondern Fragmente von Licht und Zeit. Und doch pocht in diesen Sekunden derselbe Puls wie früher: Wachsamkeit, Konzentration und ein Hauch von archaischem Adrenalin.
Ein harmloser Bienenfresser in Sambia hat mich in diesem Jahr wieder daran erinnert. Diese zarten Vögel tauchen in einem Wimpernschlag in den mächtigen Fluss mit dem Namen Sambesi, schütteln das Wasser aus ihrem Gefieder und schießen weiter in den Himmel. Es sind Sekundenbruchteile, in denen Chaos und Eleganz ineinanderfließen.
Auf einem wackeligen Boot, mit einer langen Brennweite und der ständigen Unruhe des Flusses, verwandelt sich dieser Moment für uns Fotografen in eine Art moderne Jagd. Wir warten, wir beobachten, wir antizipieren. Und wenn der Vogel in die Fluten stürzt, beginnt für uns dieser uralte Augenblick der Entscheidung: Jetzt.
Das Einfrieren einer solchen Szene verlangt Technik, Erfahrung und Intuition. Und es verlangt die Bereitschaft, sich ganz dem Moment hinzugeben – so wie es unsere Vorfahren taten, nur mit anderen Werkzeugen. Unsere Beute besteht heute aus Bildern, aus Geschichten, aus Erinnerungen, die wir aus der Wildnis mitbringen.
Auf meinen Fotoreisen erlebe ich dieses Gefühl immer wieder: eine Jagd ohne Zerstörung, ein Rausch ohne Blutvergießen. Wir kehren zurück zu einem Instinkt, der uns seit Jahrtausenden begleitet, aber wir übersetzen ihn in eine friedliche, kreative Form.
Vielleicht ist genau das die schönste Entwicklung unseres menschlichen Weges:
Wir sind Jäger geblieben – aber wir jagen heute Schönheit.
Das Leben ist zu kurz für aufgeschobene Pläne, Ausreden und mittelmäßige Fotoreisen!
www.bennyrebel.com
