

Gestern Nacht, tief in der Wildnis Sambias, durften wir Zeugen einer Szene werden, die so leise war wie mächtig. Eine Leopardin, auf der Pirsch, tauchte wie ein Schatten aus der Dunkelheit auf. Lautlos, entschlossen, mit der eleganten Kraft eines Raubtiers, das die Sprache der Nacht versteht.
Wir folgten ihr mit respektvoller Distanz. Dann, wie aus einer anderen Welt, kletterte sie einen Baum hinauf – direkt in die Bahn des aufgehenden Vollmondes. Dort saß sie, regungslos, fast königlich. Sie wartete. Unten bewegte sich später ein Impala durch die Szenerie. Die Spannung war greifbar. Der Moment schien wie aufgeladen. Doch statt zu springen, zögerte die Leopardin. Der Impala entkam. Zurück blieb nur das Licht, das durch das Blätterdach fiel – und wir, sprachlos vor der Magie dieser Begegnung.
Mit dem Licht meiner Taschenlampe konnten wir die Szene sichtbar machen, ohne sie zu stören: das Bild der Leopardin mit dem Mond, das gespannte Warten, die Würde dieses Augenblicks. Ein Bild entstand, das mehr ist als nur ein Foto – es ist ein Symbol.
In einer Welt, die immer mehr den Kontakt zur Natur verliert, in der Wildtiere Lebensraum und Sicherheit durch Gier, Politik und Ignoranz verlieren, wirkt so ein Moment wie ein stiller Protest. Die Leopardin im Baum steht für all das, was wir zu verlieren drohen – und gleichzeitig für das, was wir noch bewahren können.
Sie hätte jagen können. Aber sie hat gezögert. Vielleicht war es Vorsicht, vielleicht Intuition. Oder vielleicht spiegelt ihr Zögern auch unser eigenes. Zögern wir genug? Oder handeln wir zu spät?
Die Wildnis ist nicht nur Kulisse für spektakuläre Fotografie – sie ist ein Raum, der politisch ist. Ein Ort, an dem sich Fragen von Macht, Ausbeutung und Zukunft bündeln. Unsere Aufgabe als Beobachtende ist nicht nur, Bilder zu machen, sondern auch Geschichten zu erzählen – und Verantwortung zu übernehmen.