

Ein Tag unter den heiligen Männern Lalibelas.
Gestern wanderten wir durch Lalibela – jenen mystischen Ort im Herzen Äthiopiens, wo Kirchen nicht gebaut, sondern in die Erde hineingeschnitten wurden. Ganze Tempel, aus dem Fels geboren, wie aus dem Innersten der Erde geformt.
In diesen steinernen Kathedralen leben Männer und Frauen, deren Tage in Stille, Gebet und Ritual versinken. Von drei Uhr morgens bis in den späten Nachmittag hinein sitzen oder stehen sie in den Schatten dieser alten Mauern. Manche von ihnen tun dies seit über vierzig Jahren – Tag für Tag, Woche für Woche, ohne Pause, ohne Urlaub, ohne Zweifel.
Ich sprach mit mehreren Priestern. Ihre Gesichter erzählen Geschichten von Hingabe, Routine und tiefer Ruhe. Einer von ihnen lachte, als ich fragte, ob er sich manchmal nach der Welt da draußen sehne. „Die Welt da draußen ist laut“, sagte er, „hier höre ich das Herz.“
Während wir in der westlichen Welt immer weiter vom Glauben, von Ritualen, von dieser Art der Beständigkeit abrücken, lebt hier eine Welt fort, die scheinbar aus einer anderen Zeit stammt. Und doch – wer will sagen, welche von beiden moderner ist?
Dort, wo wir Geschwindigkeit, Bequemlichkeit und digitale Nähe verehren, pflegen sie Geduld, Demut und das Gebet als Lebensinhalt.
Natürlich – auch sie öffnen ihre Türen für Besucher, posieren für unsere Kameras, tauschen ein Foto gegen ein kleines Trinkgeld. Aber in ihren Augen liegt kein Verkauf, sondern eher ein stilles Staunen über unsere rastlose Neugier.
Mich beeindruckt, wie stark Religion hier im Alltag verwurzelt ist. Priester und Nonnen werden verehrt, ihre Hände und Füße geküsst, ihr Wort hat Gewicht.
Und während ich meine Kamera senke, denke ich daran, wie vielfältig dieser Planet ist – und wie unterschiedlich die Wege, auf denen Menschen versuchen, Sinn im Leben zu finden.
Vielleicht liegt das Wunder gar nicht im Glauben selbst, sondern in der Tiefe, mit der er gelebt wird.
Das Leben ist zu kurz für aufgeschobene Pläne, Ausreden und mittelmäßige Fotoreisen!


















