

In den weiten Ebenen Afrikas, im goldenen Licht eines versinkenden Sonnenballs, ziehen drei Gnus in einer Reihe durch die Wildnis – es folgen weitere Gnus wie ein kleiner Zug, der durch die Landschaft rollt. Ihr Ziel ist ungewiss. Ihr Schritt bestimmt vom Rhythmus der Natur. Dieses Bild, das ich vor kurzem in meinem Archiv fand und Euch hier zum ersten Mal zeige, erinnerte mich an etwas zutiefst Menschliches: an den Zug unseres eigenen Lebens.
Auch unser Leben ist eine Reise – ein Zug, der irgendwann plötzlich losfährt. Wir steigen ein mit unserer Geburt, meist ohne zu wissen, wohin die Reise gehen wird oder wie lange sie dauert. Der Zug rollt durch Täler und über Höhen, durch sonnige Landschaften und stürmische Nächte.
An manchen Stationen steigen Menschen zu: Eltern, Freunde, Weggefährten. Manche bleiben nur für kurze Zeit, andere begleiten uns über viele Kilometer. Einige steigen leise aus, ohne Abschied. Andere hinterlassen Spuren, die ein Leben lang bleiben. Nur wenige sind von Anfang bis Ende dabei – rar und kostbar.
Und genauso wie bei den wandernden Herden der Natur – den Gnus, Zebras oder Elefanten – schließen sich Tiere zusammen, wandern gemeinsam, teilen den Weg, das Wasser, die Gefahr. Manche verlassen die Gruppe, manche gehen verloren, manche sterben unterwegs. Doch immer wieder treten neue dazu, neue Leben, neue Begegnungen. Die Herde verändert sich – so wie auch unsere menschliche Reise ständig in Bewegung ist.
Diese Parallele zwischen uns und der Natur ist für mich tief tröstlich. Sie zeigt: Wir sind Teil eines größeren Kreislaufs. Unser Leben ist nicht isoliert – es ist eingebettet in das große Wandern, das große Unterwegssein, das alles Leben verbindet.
Wir sollten diese Reise nicht nur ertragen, sondern bewusst erleben. Die Menschen um uns nicht als selbstverständlich ansehen, sondern als kostbare Mitreisende. Ihre Geschichten, ihre Blicke, ihre Nähe – sie sind Teil unserer Fahrt. Und wir sollten lernen, in Frieden mit denen zu reisen, die uns ein Stück begleiten, auch wenn sie irgendwann aussteigen.
Der Zug des Lebens rollt – leise, stetig, unaufhaltsam. Lasst uns aus dem Fenster schauen, das Licht genießen, den Wind spüren und mit offenen Herzen die Landschaften unserer Existenz durchfahren.
