

Momente, die entstehen, wenn niemand hinschaut.
Die Märkte Madagaskars tragen ihren eigenen Pulsschlag. Sie sind Orte, an denen Stimmen, Farben, Düfte und Geschichten ineinanderfließen – ein lebendiger Organismus, der niemals stillsteht. Wenn ich mit meinen Teilnehmern meiner Fotoreise durch diese belebten Gassen gehe, suche ich stets nach dem, was nicht inszeniert ist: nach dem rohesten, ehrlichsten Moment, der sich vor unseren Augen entfaltet.
Street-Fotografie ist für mich die Kunst des Verschwindens. Nicht, indem man unsichtbar wird, sondern indem man sich selbst aus dem Mittelpunkt der Situation herausnimmt. Sobald die Kamera am Auge erscheint, verändert sich die Welt. Blicke erstarren, Gesten werden zu Masken, die Realität hält den Atem an. Genau das möchte ich vermeiden.
Darum arbeite ich fast immer mit einem 35mm Objektiv – nah genug, um mitten im Geschehen zu sein, und weit genug, um die Atmosphäre des Raumes zu bewahren. Die Kamera ruht an meiner Hüfte, während mein Blick scheinbar uninteressiert in die Ferne schweift. Ich lasse die Szene sich selbst erzählen. Ungelenkt, ungefiltert. In dem Moment, in dem die Menschen nicht wissen, dass sie fotografiert werden, zeigen sie ihre wahre Präsenz: die Gelassenheit der Verkäuferinnen, das leise Aushandeln eines Preises, das beiläufige Lachen zwischen Freunden.
So entstanden heute Bilder, die wie kleine Atemzüge des Lebens sind. Sie gehören niemandem und gleichzeitig allen, die diese Insel mit ihrer unerschütterlichen Wärme prägen. Genau darin liegt für mich die Magie der Street-Fotografie: Sie erzählt nicht, was ich gesehen habe, sondern was das Leben selbst in einem unbewachten Augenblick preisgibt.
Wer wirklich reisen will – mit einer Kamera oder mit dem Herzen – muss lernen, sich nicht über die Szene zu stellen, sondern sich in sie fallen zu lassen. Dann öffnen sich Türen, die jeder Sucher verpasst.
Das Leben ist zu kurz für aufgeschobene Pläne, Ausreden und mittelmäßige Fotoreisen.




















