

Wenn Schönheit eine Sprache der Seele ist.
Es gibt Begegnungen, die den Lärm der Welt zum Schweigen bringen.
Gestern stand ich im Omo-Tal, vor einigen Frauen der Mursi – stolz, still, in ihren ganzen eigenen Schönheit. In ihren Unterlippen trugen sie die berühmten Teller, die in unseren westlichen Wahrnehmung oft als „exotisch“ oder „befremdlich“ gelten. Doch wenn man ihnen in die Augen blickt, verschwindet jedes Urteil. Was bleibt, ist Respekt.
Diese Frauen, diese Menschen, leben in einem Rhythmus, der nichts mit unserer modernen Zeit gemein hat. Ihre Gesichter sind Geschichten – geschrieben aus Sonne, Staub und jahrhundertealten Traditionen. Der Lippenteller, so fremd er uns erscheinen mag, ist kein Zeichen von Schmerz oder Zwang. Er ist Ausdruck von Identität, Stolz und kultureller Zugehörigkeit.
Während ich die Kamera hob, spürte ich die Fragilität dieses Moments. Denn Fotografie bedeutet hier nicht einfach „Abbilden“. Sie ist ein stilles Gespräch zwischen zwei Welten. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Zwischen dem, was bleibt, und dem, was unaufhaltsam vergeht.
Die Mursi leben in einer Zeit des Wandels. Der Fortschritt rückt näher, das Alte weicht dem Neuen, und mit ihm droht ein einzigartiges Kapitel menschlicher Vielfalt zu verschwinden. Doch für einen Augenblick – in der staubigen Hitze des Omo-Tals – war alles noch so, wie es seit Jahrhunderten gewesen sein mag: einfach, würdevoll, echt.
Wenn wir diese Menschen betrachten, sehen wir vielleicht mehr über uns selbst als über sie. Wir erkennen, wie eng unsere Vorstellungen von „Schönheit“ und „Normalität“ geworden sind. Und vielleicht ahnen wir, dass wahre Schönheit nicht im Spiegel entsteht, sondern in der Würde, mit der ein Mensch sich selbst trägt – egal, in welchem Teil der Welt.
Das Leben ist zu kurz für aufgeschobene Pläne, Ausreden und mittelmäßige Fotoreisen!
Herzliche Grüße von Benny aus Äthiopien.










