

Von der Kunst, ein Flusspferd zu sein.
Auf unserer aktuellen Fotosafari durch das grünherzige Sambia haben wir einen echten Star entdeckt. Nein, keinen Löwen. Auch kein seltenes Nashorn oder einen majestätischen Elefanten. Sondern… ein Fußpferd. Weiblich. Teenager. Mit Stilbewusstsein. Und einem Ego, das vermutlich größer ist als der gesamte Luangwa-Fluss bei Hochwasser.
Ihr Name ist Chantal. Ja, Chantal – so hat sie sich mir vorgestellt. Nicht durch Sprache natürlich, sondern durch eine Pose, die keine Zweifel ließ: Diese junge Nilpferd-Dame ist sich ihrer selbst überaus bewusst. Miss Universum? Pah. Das ist doch das absolute Minimum. Naturpoesie in Rosa mit einer Schweinchenrosa-Haut, die im Sonnenlicht zart wie Porzellan glänzt (oder vielleicht eher wie ein nasser Kaugummi), wälzt sich Chantal aus dem Wasser, als wäre der Matsch ein Laufsteg in Mailand. Auf dem Kopf trägt sie keine Krone – nein – sondern ein kunstvoll arrangiertes Arrangement aus Teichpflanzen, das irgendwo zwischen Haute Couture und botanischem Selbstporträt pendelt.Sie schaut in unsere Kamera. Nicht erschrocken. Nicht neugierig. Sondern… fordernd. Als wolle sie sagen:
“Fotografier mich, du kleiner Mensch. Ich bin das Cover der nächsten Vogue.
”Und tatsächlich: Kein Zebra, kein Leopard konnte so selbstbewusst posieren. Dieses Nilpferd war kein Tier. Es war ein Statement. Eine Performance. Eine Ode an die absurde Schönheit des Wilden. Teenager-Tage im Teich. Und wie alle Teenager hat auch Chantal ihre ganz eigene Wahrheit. Sie ist die Schönste im ganzen Teich. Wahrscheinlich auch die Intelligenteste. Die mit dem besten Haarschmuck. Und die mit dem dicksten Po – auf den sie übrigens sehr stolz ist.
Body Positivity ist in der Nilpferd-Welt offenbar längst angekommen, lange bevor sie Instagram erreicht hat.
Während die anderen Flusspferde eher damit beschäftigt sind, ihre Nasenlöcher trocken zu halten oder in der Sonne zu dösen, hat Chantal ein Ziel: Entdeckt zu werden. Sie will gesehen werden. Und ich? Ich habe sie gesehen. Durch das Teleobjektiv. Durchs Herz. Und ich liebe sie bereits.
Philosophie aus dem Teich.
Vielleicht ist das der eigentliche Sinn von Naturfotografie. Nicht nur, das Wilde zu dokumentieren – sondern das Menschliche im Tier und das Tierische im Menschen zu erkennen. Denn wer von uns hat nicht manchmal das Gefühl, Chantal zu sein? Groß, rosa, leicht arrogant – aber zutiefst davon überzeugt, dass in uns ein Star wohnt?
Diese eine Begegnung war kein wissenschaftlicher Durchbruch. Keine Sensation in der Zoologie. Aber sie war eine Offenbarung. Die Erkenntnis, dass selbst ein dickes Flusspferd im Teich sich als Königin fühlen darf – und wir das anerkennen sollten. Mit einem Lächeln. Und einem Foto aus Sambia.
Das Leben ist zu kurz für aufgeschobene Pläne, Ausreden und mittelmäßige Fotoreisen.